Let's talk about Sex

Willkommen im 21. Jahrhundert, einem Zeitalter in dem Sex allgegenwärtig ist. Überall sind (halb)nackte Menschen zu sehen, Pornografie kann über diverse Kanäle kinderleicht konsumiert werden, und es gibt diverse Möglichkeiten für ein schnelles Abenteuer. Man wird förmlich dazu getrimmt, Sexualität möglichst früh, möglichst vielseitig und möglichst oft zu leben. Dabei wird, zumindest in meinem Empfinden, häufig ein völlig falsches Bild von erfüllender Sexualität vermittelt - speziell auch was die Lust der Frau betrifft. Ich würde mich nicht als prüde bezeichnen, trotzdem finde ich es manchmal erschreckend, welche Werte unsere Gesellschaft (auch) diesbezüglich entwickelt (hat). Sexualität ist längst kein Tabuthema mehr, wird jedoch leider meist sehr oberflächlich gezeigt und gelebt. So habe ich mir für heute ein intimes Thema ausgesucht. Let's talk about Sex, Baby - aber vertieft und ehrlich!

Ganzheitliche Psychosoziale Beratung Sara Vercellone - Blog let's talk about Sex
Ganzheitliche Psychosoziale Beratung Sara Vercellone - Blog let's talk about Sex

Sex und Liebe - für einige Menschen gehört das zusammen, andere können es auch voneinander trennen. Sicher ist, dass beide Werte hohe Bedürfnisse der menschlichen Natur sind. Fragt man allerdings nach Liebe und Monogamie, so wird diesen beiden Werten in Umfragen stets sehr grosse Bedeutung beigemessen. Eifersucht und Besitzdenken spielen hierbei sicher eine grosse Rolle. Fakt ist aber, dass gemäss Statistik in der Schweiz jede/r Zweite (!!) schon mindestens einmal fremdgegangen ist. Oft ist es eine Frage der Gelegenheit, und dann tut man einfach, was man eben tun kann. 

 

So würde es mich wundern, wenn Jemand der das liest, behaupten würde, er sei selbst damit noch nie in Berührung gekommen?! Ich selbst habe jedenfalls schon zig solche unmoralische Angebote von vergebenen Männern (u.a. mit Kindern) bekommen. Noch viel häufiger habe ich solche Geschichten in meinem Bekanntenkreis 1:1 mitbekommen; von Betrogenen, Schattenpartnern, aber auch von Betrügern. Viele Menschen führen - teilweise über Wochen, Monate und Jahre - ein Doppelleben. Die Affäre wird in der Beziehung meist (zumindest über einige Zeit) verheimlicht, damit alles trotzdem so bleibt, wie es ist. Herr und Frau Schweizer gelten als überaus harmoniebedürftig. Aber mal ehrlich - was ist das denn bitteschön für eine geheuchelte Harmonie?

 

Früher war Monogamie selbstverständlich, heute wird sie - vermutlich gerade deshalb - immer mehr kritisch hinterfragt. Polygamie, oder auch Polyamorie (neumodischer Begriff) geht davon aus, dass es möglich ist, mehrere Partner gleichzeitig zu lieben, zu begehren, oder zu was auch immer, ohne dabei Irgendjemanden zu betrügen. Genial, hä? Eine solche offene Beziehung ist frei von irgendwelchen Besitzansprüchen, und trotzdem weiss man offenbar, dass man - irgendwie - zueinander gehört. Ein Modell, welches ich noch bis vor Kurzem grundsätzlich abgelehnt habe, heute setze ich mich damit bewusst etwas offener auseinander. Nicht zuletzt weil es in meinen Augen sehr viel sinnvoller wäre, das Ganze einfach transparent und somit vor allem ehrlich offenzulegen, anstatt dem Partner, womöglich auch der Affäre, und letztlich aber vor allem sich selbst, etwas vorzumachen, was schlicht und einfach nicht ist.

 

Ja, Polygamie finde ich in Zeiten von notorischer Betrügerei besser als Monogamie. Solange die Spielregeln für alle Involvierten klar und stimmig sind, finde ich das sogar absolut ok. Zu diesem Entschluss bin ich schon seit einiger Zeit gekommen. Trotzdem blieb die ganze Thematik an sich für mich persönlich nach wie vor desillusionierend - und irgendwie auch erschreckend. Vielleicht liegt es an meiner Definition von Liebe, die es mir verunmöglicht, dies wirklich nachzuvollziehen. Ich kenne aber auch kein einziges Beispiel, in dem dieses Beziehungsmodell langfristig gut funktioniert hat. Es führt irgendwann immer zu Leid und dann eben halt immer auf mehreren (mindestens drei) Ebenen. Es gibt allerdings nach wie vor Beispiele in meinem nahen Umfeld, bei denen ich mich von erfüllender Monogamie überzeugen kann. Ich meine ehrliche Monogamie, ganz ohne Betrug. Warum aber werden solche Beispiele immer seltener?  

 

Nebst der Tatsache, dass der Umgang mit Sexualität, wie eingangs festgehalten, sehr offen geworden ist, gibt es heute - vermutlich im Gegensatz zu früher - sicherlich auch zahlreiche offenbar diskrete Möglichkeiten, sie frei zu leben. Ich glaube aber, dass es vor allem daran liegt, dass wir gelernt haben, wie man Menschen ersetzen kann und wie man weg geht. Stattdessen haben wir leider irgendwie verlernt, wie man etwas aushält und wie man bleibt. Wir vergessen manchmal, was wirklich zählt im Leben. Und wir verkennen nur allzuoft den Wert unseres Körpers, indem wir ihn so leichtsinnig hingeben. Geschlechtskrankheiten ahoi. Gleichzeitig sind wir manchmal zu stur, uns einzugestehen, wenn etwas nicht mehr funktioniert - und dann sind wir verdammt gut im Finden von Ausflüchten, jedoch weniger gut darin, uns mit dem Ursprungsproblem auseinanderzusetzen und nötigenfalls die Konsequenzen zu ziehen.

 

Vielleicht ist es an der Zeit, uns wieder vermehrt zu fragen, was wir in unserem Leben wirklich wollen, und welche Werte für uns zählen. Ist der Preis für die ständige Befriedigung aller aufkommenden Bedürfnisse nicht schlicht und einfach zu hoch, wenn wir uns im Grunde doch alle nach etwas sehnen, das für immer bleibt? Sollten wir uns dann vielleicht nicht vermehrt darauf fokussieren, in der Beziehung selbst langfristig (sexuelle) Erfüllung zu finden? Und damit meine ich nicht nur in unseren festen Beziehungen, sondern vor allem auch in der Beziehung mit uns selbst. Denn mit der Sexualität verhält es sich wie mit der Liebe; es beginnt bei dir selbst.

     

Genauso wenig wie ich mich als prüde bezeichne, würde ich mich als hoffnungslose Träumerin bezeichnen. Dennoch bleibe ich - trotz allen Widersprüchen - bei meiner festen Überzeugung, dass es erfüllende Monogamie gibt. Es ist alles nur eine Frage unserer Werte. Jeder hat seine eigenen, und das ist auch gut so. In Zukunft gilt es vermutlich einfach noch mehr, nebst dem eigenen Erkennen dieser, sie auch gegenüber von potenziellen Partnern transparent zu machen. Sodass beim Eingehen einer Beziehung das Gegenüber mitentscheiden darf, ob diese Werte mit seinen eigenen übereinstimmen, und es so zu weniger gegenseitigen Verletzungen kommt.

 

Somit habe ich für heute ausgesext - danke fürs Lesen. Eure persönliche Meinung/Erfahrung zu diesem Thema interessiert mich sehr, und so freue ich mich über jegliche Kommentare, Nachrichten und/oder allfällige Diskussionen.

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