Regentage

Von niemandem erwarte ich, dass er perfekt ist. Nur von mir selbst. Was auch immer ich mache, es muss perfekt sein; gut war mir noch nie genug. Das erzeugt manchmal einen unheimlichen Druck in mir. Mein Perfektionismus wird wird mir besonders zum Verhängnis, wenn ich feststelle, dass ich, auch wenn ich mein Allerbestes gebe, nicht jedes Lebewesen «heilen» kann. Wie mein Vater kürzlich sagte; niemand kann den Lauf des Lebens verändern. Die Welt dreht sich. Immer und ununterbrochen. Ohne Rücksicht auf Verlust. Ich weiss das, eigentlich. Aber manchmal bin ich einfach ein unermesslicher Weltverbesserer und versuche so aus meiner eigenen Haut zu springen, was sie mir jeweils sofort zeigt - Sensibelchen. Ich sei ein Wasserprediger und Weintrinker, sagt mir meine Mutter dann oft. Und ja, sie hat recht, manchmal bin ich das. Wenn ich meine eigene innere Balance verliere, hilft mir für mich situativ nämlich weder mein psychosoziales Wissen, noch meine Hochsensibilität, noch sonst irgendetwas. Und dann wird mir meine Tiefe, die ich grundsätzlich als grosses Privileg empfinde, vielmehr zur Last. Oft kommen solche Phasen, wenn ich mich über einen längeren Zeitraum (zu) stark für andere, und zu wenig für mich selbst einsetze. In meinem Beruf bin ich als ganzheitlicher Mensch mein wichtigstes Werkzeug und wenn ich meine Seele nicht ausreichend nähre, fehlt es mir relativ rasch an der nötigen Ausgeglichenheit. Irgendwie funktioniere ich dann einfach nicht mehr wirklich. Dies zeigt sich zwar nie im Aussen, dafür aber umso stärker in mir selbst.

Ganzheitliche Psychosoziale Beratung Sara Vercellone - Blog Regentage
Ganzheitliche Psychosoziale Beratung Sara Vercellone - Blog Regentage

...und dann kommen diese Regentage. Es sind jene Tage, an denen meine Augen sofort alles entdecken, was mir an mir missfällt. Die Krampfadern und Besenreisser an den blassen Beinen, die zu weit auseinanderliegenden Zehen, die schwabbeligen Oberschenkel, den Hüftspeck, die krummen Finger, die Unreinheiten auf meiner Haut, die ersten Falten, meine abstehenden Haarwirbel... Ich verschone euch mit weiteren Details. Fakt ist, an diesen Tagen fühle ich mich derart unwohl, dass ich am liebsten gar nicht aus dem Haus würde. Wir kennen sie alle, diese Tage, richtig? Sie wären ein Fall für den Regenschirm des Universums, der allen Regen wegnimmt, und die Sonne scheinen lässt. Mein Regenschirm funktioniert an solchen Tagen vorerst in Form von Make-Up, BodyShape-Kleidung, Haarprodukten, Gesichtspflege, u.v.m. Wenn sich ein paar dieser Tage jedoch aneinanderreihen, erfüllt irgendwann kein Wundermittel mehr seine Wirkung. Dann zwingt mich mein mich störendes Äusseres dazu, mit ganz bewusst Zeit zu nehmen, genauer hinzuschauen. Und das tue ich dann, wenn ich mit mir alleine bin. Ich schaue mich einfach mal an, wie ich wirklich bin. Ohne Wundermittel. Ich gebe meinem Körper eine Stimme, um die Botschaften hinter meiner Ablehnung mir gegenüber zu verstehen. Was anfänglich unangenehm ist, weil es mich ausbremst und schmerzt, beginnt sich jedesmal rasch zu transformieren. Mein Spiegelbild verändert sich und Dankbarkeit macht sich in mir breit.

 

Irgendwie lustig, denn im Grunde ist es immer Dasselbe. Es wäre so simpel, und trotzdem lasse ich sie immer wieder mehrere Tage über mich herziehen, diese Regenwolken. Meine so stark wahrgenommenen äusserlichen Imperfektionen spiegeln doch jedes Mal nur, wie ich mich in mir drin fühle. Gleichzeitig erinnern sie mich daran, mir ebenso wertschätzend zu begegnen, wie ich meinen Mitmenschen begegne. Nach einem tiefen Atemzug gewähre ich mir in solchen Momenten auch nicht ständig perfekt sein zu müssen. Ich umarme meine Imperfektionen, und in dieser Umarmung erkenne ich, dass in meiner Zerbrochenheit meine Kraft liegt. Ohne irgendwelches Zutun heile ich; innen und aussen. Durch das Verändern meiner Sichtweise fliessen meine Imperfektionen plötzlich unauffällig ins Gesamtbild mit ein, und auf einmal ist alles gar nicht mehr so furchtbar schlimm. Meine Augen entdecken nun auch wieder all das, was mir an mir gefällt, und das Leuchten in ihnen kehrt zurück. Es fällt Licht auf jede dunkle Stelle, die das Leben auf meinem endzwanziger Körper hinterlassen hat. Das sind jene Augenblicke, in denen mir bewusst wird, dass es manchmal mehr als genug ist, einfach nur wirklich da zu sein. Für Lebewesen, die ich nicht heilen kann, aber, und vor allem, auch für mich selbst. Es braucht manchmal tatsächlich gar nicht mehr.

     

Betrachte jetzt das Bild. Was siehst du? Regen, oder? Richtig. Aber jetzt schau länger und genauer hin. Da sind wohl markante Regentropfen, hinter ihnen verbirgt sich aber noch so viel mehr; ein See, Umrisse der Berge, zartes Grün, Steine. Selbst die einzelnen Regentropfen sind schön, und irgendwie doch ganz beruhigend. Lass das Bild einfach einen Moment auf dich wirken und nimm wahr, wie du zunehmend in deine Mitte kommst und ruhiger wirst. Auf einmal betrachtest du nun ein Bild, das in seiner Ganzheit wunderschön ist. Empfindest du das auch so? So ist es mit allem im Leben. Schönheit liegt am Ende einzig und alleine im Auge des Betrachters. Alles ist letztlich unendlich viel mehr, als wir auf den ersten Blick je erkennen könnten. Wir alle sind einzigartigschön und absolut vollkommen. Ohne Wundermittel. Ja, das sind wir. Du und ich, wir sollten keinen einzigen Tag mehr damit verschwenden, uns und unseren Körper zu bekriegen. Lasst uns an den Tagen, an denen wir zwangsläufig wieder damit beginnen, einfach geduldig sein und genauer hinschauen. Solange, bis sich unser Bild verändert, und wir bereit sind, uns selbst in die Arme zu schliessen, all inclusive. Wir brauchen gar keinen Regenschirm des Universums. Ein liebevoller Blick gegenüber uns selbst genügt auch an solchen Tagen vollkommen. Lassen wir ihn unser ganz persönlicher Regenschirm sein. 

 

Nach einigen intensiven Regentagen scheint heute bei mir allmählich wieder die Sonne, und an Sonnentagen umarme ich mich automatisch. Einfach so, weil es mir gut tut. Heute umarme ich auch DICH. Hoffentlich weisst du, dass du mehr als genug bist, ganz genau so, wie du bist. Falls du das gerade vergessen hast, rate ich dir zu dieser heilenden Transformation. Egal wie sehr es schmerzt, wage hinzuschauen; es bricht nichts auseinander, es formt sich nur neu. Nach Regen folgt Sonnenschein. Immer. Es ist allein deine Entscheidung, wann du die Sonne wieder scheinen lässt. Und wann, wenn nicht JETZT?

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