Wir alle neigen dazu, hin und wieder die Augen vor unumstösslichen Tatsachen zu verschliessen. Nicht hinsehen wollen, um das herrschende Leid zu verkennen, die Ohnmacht nicht zu spüren, und nichts verändern zu müssen. Manchmal kommt es mir vor, als wären wir alle in gewissen Teilbereichen wie Kinder, die denken, dass sie niemand sehen kann, wenn sie sich die Augen zuhalten; oder als würde die Tatsache irgendwie nicht mehr existieren, wenn wir einfach wegschauen. Das tut sie aber, und wenn wir nicht hinschauen noch endlos lange.
Unser aller Leben setzt sich zusammen aus etlichen Fragmenten, wobei der Wandel das verbindende Glied zwischen ihnen ist. Es ist ein dynamischer Prozess, den wir selbst mitgestalten können. Aber nur wenn wir den Schattenseiten mit derselben Unvoreingenommenheit begegnen wie den lichten Seiten, gelingt es uns, den Status Quo ganzheitlich zu hinterfragen, und Veränderungen herbeizuführen. Nur wenn wir dazu bereit sind, wirklich alles zu sehen, können wir begreifen, dass es in allen Dingen kleinere oder grössere Risse gibt, aber dass genau eben jene Risse auch dem Licht den Weg ebnen. Wieviel Druck könnten wir also aus unserem Leben nehmen, wenn wir es schaffen würden, auch das Halbgute als wertvoll anzusehen, und unser ganzes, immer bruchstückhaft bleibendes Leben, dennoch ansehnlich zu empfinden?
Die Stürme der letzten Wochen haben mich einmal mehr auch daran erinnert, dass es so viel gibt, was wir situativ nicht (mehr) beeinflussen und kontrollieren können. Eine Erkenntnis, die mich erschüttert und demütiger werden lässt zugleich. Es lehrt mich nicht nur das zu verändern, was ich selbst aktiv ändern kann, sondern auch in gewissem Masse loszulassen. Mich den Stürmen des Lebens hinzugeben und die Narben durch seine Flügelschläge in Kauf zu nehmen, im Vertrauen, dass es da etwas viel Grösseres gibt, was mich hält. Im Schmerz angesichts des Fragmentarischen und der Verlustgeschichten des Lebens, steckt immer auch eine Sehnsucht und Hoffnung, die über uns hinaus nach vorne in eine Zukunft weist, die es zu erspüren und zu ertasten gilt.
Schon Aristoteles wusste, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Im Trümmerhaufen, mitten im Fragmentarischen, auf der Baustelle des eigenen Lebens, lässt sich etwas von diesem grossen Ganzen erahnen, das mit menschlichem Wollen allein nie hergestellt werden kann. Jemand oder etwas anderes fügt die Teile unseres Lebens zusammen, und das daraus entstehende Neue ist so viel mehr als nur die Summe von Bruchteilen: Es ist unser kostbares und einmaliges Leben. Ich wünsche mir, dass wir dieses Leben als Seele in einem menschlichen Körper bestmöglich nutzen, und das tun, was wir tun können, um diese Welt, die wir durch unser menschliches Handeln nach und nach zerstören, wieder zu einem besseren Ort zu machen.
Anlässlich meines Wunsches, der sich hinter einem schon immer in mir wohnendem Weltschmerz versteckt, komme ich deshalb nicht umhin, diese Plattform auch dazu zu nutzen, in genau jenen Dingen bei denen wir aus Angst, Bequemlichkeit, Ekel oder Scham lieber wegschauen, zu sensibilisieren. Ob es nun ums Tier- und Menschenwohl geht, oder um die Narben die wir der Welt zufügen, wir MÜSSEN hinschauen. Zukünftig erlaube ich mir deshalb auf meiner Facebookseite das gelegentliche Teilen von Videomaterial, das Augen und Herz zu öffnen vermag, und das durch das Hinschauen zum Umdenken und Handeln animiert. Ich freue mich, wenn auch Du dazu bereit bist.