Wir leben in einer Zeit, in der wir viel Hektik, Stress und Reizüberflutung erfahren. Häufig ist unser Geist unruhig, und ein Gedanke jagt den nächsten. Dadurch sind wir selten im Moment, und laufen Gefahr, uns immer mehr von uns selbst zu entfernen. Auch nachts kann uns die ständige Aktivität unseres Geistes beeinträchtigen. So haben wir Mühe abzuschalten, können nicht ein- oder durchschlafen und/oder leiden unter Albräumen. So vieles läuft ständig in unserem Unterbewusstsein ab, ob wir es wollen oder nicht. Und dann kam dieses unsichtbare Etwas, das es leid war zu sehen, wie wir uns zurückentwickeln, wie wir uns kontinuierlich mit unseren eigenen Händen zerstören, und wie wir unseren Planeten und unsere Mitmenschen behandeln. Kurzum hat es alles lahmgelegt, um uns daran zu erinnern, was wirklich wesentlich ist. Ich war zu Beginn dieser Krise zwei Wochen krankgeschrieben. Mein Körper schrie mit allen Mitteln nach Ruhe und Entspannung. Nach anfänglichen Widerständen, Ängsten und Wut, verspürte ich mit zunehmender Akzeptanz einen schmerzlichen Durchlauf meines unverdauten emotionalen Ballastes der letzten Monate. Ich gab mich hin und liess es zu.
Mein Geist beruhigte sich bald, und ich fühlte mich nicht mehr getrieben von meinem Perfektionismus. Da gab es kein «ich müsste» und «ich sollte noch» mehr, und plötzlich entstand unendlicher Raum in mir. Es wurde ganz still, und dies war der Wendepunkt, an dem ich mich inmitten meiner tiefsten Essenz wiederfand. Ein Moment der absoluten Dankbarkeit, Freude, und Demut. Ich spürte grenzenlosen Seelenfrieden, universelle Kraft und reine Liebe. Ein Zustand, den ich im normalen Alltag durch Meditation erreiche, hielt plötzlich über mehrere Tage an, ohne dass ich dafür etwas tun musste. Meine Nächte wurden ruhiger, ich fühlte mich tiefenentspannt, und voller Lebensenergie. Paradoxerweise inmitten einer Zeit voller Angst und Ungewissheit. Dann stolperte ich über die Worte von Jack Kornfield: «Meditation ist nichts anderes, als dass wir die Verbindung mit unserem wahren Wesen aufnehmen und inmitten des täglichen Lebens ein grosses Gefühl von Ruhe und Frieden und einen weiten Raum in unserem Herzen entdecken; dass wir zulassen, transparent für das Licht zu werden, das immer scheint. Es geht nicht darum, etwas zu verändern, sondern darum, nicht mehr nach etwas zu greifen, und es geht um das Öffnen unserer Augen und unserer Herzen», und da wurde mir klar, dass das gerade non-stop geschieht, und dass es dabei vorallem auch einmal mehr um das heilende Erfahren der Immaterialität unserer Seele geht.
Was ich seit jeher weiss, beweist dieses Virus jetzt eindrücklich: es gibt jemand oder etwas anderes, das viel grösser und mächtiger ist als wir, und die Teile unseres Lebens zusammenfügt. Das Ganze ist aber mehr als die Summe seiner Teile, und genau das dürfen wir jetzt durch das Wegfallen von Aussenreizen und durch die bewusste Begegnung mit uns selbst intensiv erfahren. Und plötzlich geschehen eben jene Wunder in uns, die uns zutiefst berühren. Es entzückt einem, dieses ekstatische Gefühl, und es macht süchtig. Man ist «ausser sich», das «Ich» löst sich tausendfach auf, und mit ihm wandelt sich alles in eine veränderbare Form. Dennoch ist man so sehr bei sich wie selten. Das wirkt belebend und beruhigend zugleich, es ist eine im Innersten gefühlte Erfahrung, die von der Alltagswahrnehmung, für die der Körper schwer ist, eindeutig abweicht. Genau das bedeutet für mich Spiritualität. Während der Körper in die Welt gehört, ist die Seele eine unsichtbare, aber deutlich spürbare Wahrheit. Wir sind spirituelle Wesen, die menschliche Erfahrungen machen, nicht andersrum. Und so steckt in unserem Körper, in jeder Zelle und in jedem kleinsten Teilchen von uns, kosmische Geschichte. Sobald wir transparent werden für das Licht, das immer scheint, kriegen wir eine Vision davon, wie schön und gewaltig unser Kosmos ist. Unendlich viel mehr als unsere Form, als (nur) die Summe unserer Teile, sind wir das Eine wie auch das Viele, das Nichts und das Alles. Sag, liebe Seele, kannst du fühlen, was ich meine, wenn ich sage, dass wir alle, jede/r Einzelne von uns, ein wundervoller Teil dieses grossen Ganzen sind? Allverbunden, all-ein? Oh ich wünsche es Dir von Herzen!