Vor zwei Wochen schrieb ich über die Blitzverliebtheit und kündigte die Quintessenz daraus an: das ist sie. Wenn wir ja in der Reflexion darauf kommen, dass Blitzverliebtheit aus eigenen tiefsitzenden Bedürfnissen entsteht, kann sie uns auch gleich einen wichtigen Hinweis darauf liefern, was in uns zu wenig gelebt wird, damit wir sie auf einen anderen Menschen projizieren müssen, um vor uns selbst zu fliehen. Während wir das tun geschieht paradoxerweise das absolute Gegenteil von dem, was wir uns wünschen (=Einheit), nämlich Trennung. Zum Einen von der Realität, zum Anderen von uns selbst. Und das ist genau das, was wehtut, obwohl es schön war. Aber schauen wir uns das doch genauer an:
Wir versuchen unseren Seelenpartner zu bestellen, wie das Essen beim Lieferservice, und verzichten dabei aber auf jegliche Chance auf ein ehrliches Annähern. Wir flirten, ohne uns Hoffnungen zu machen, denn wir könnten ja abgewiesen werden. Wir sehnen uns nach der tiefen Verbindung, bleiben aber oberflächlich. Wir möchten von den Socken gerissen werden, aber dennoch sicher stehen, unabhängig, auf unseren eigenen Beinen. Wir rennen der Idee, die grosse Liebe zu finden, hinterher, aber wir möchten nichts riskieren. Wir wollen zwar jemanden, der unsere Hand hält, aber wir möchten ihm nicht die Macht in seine Hände legen, uns zu verletzten. Wir wünschen uns einen Platzhalter, nicht eine Person. Wir möchten zwar die Fassade einer guten Beziehung, aber nichts dafür tun. Wir möchten die Jubiläen zum Feiern, aber wir möchten die 365 Tage Arbeit in die Beziehung, die uns dahin bringen, nicht. Wir lieben die Idee, jemanden mit all seinen Macken zu lieben, verbergen aber die eigenen. Unser Herz halten wir verschlossen, und erwarten, dass es jemand für uns öffnet, während wir hoffen, einfach in das Glück hineinzurutschen. So als könnten wir die perfekte Beziehung downloaden wie eine App. Einfach gegliedert in einen Ordner, gelöscht, wenn wir es nicht mehr brauchen. Und da frage ich mich ehrlich, ob wir vielleicht Bedingungslosigkeit mit Unverbindlichkeit verwechseln in dieser schnelllebigen Zeit? Sind wir uns unserer Realität wirklich bewusst, und überprüfen wir sie kontinuierlich?
Wir verpassen es ständig, jene im Innersten entstandenen Bedürfnisse tatsächlich zu leben. Verlieren uns in der Bedeutungslosigkeit, während wir das Bedeutsame verzweifelt suchen. Ich meine, wo fängt das an, und wo hört es auf? Wie immer bei uns selbst. Solange wir nicht imstande sind, uns selbst glücklich zu machen - und das Werkzeug dazu haben wir alle - wird es vermutlich ein ewiges Hinterherrennen bleiben, das uns je länger je mehr ermüdet. Weil dieses unverbindliche Handeln unserem Mangelbewusstsein entspringt. An dieser Stelle lohnt es sich, einfach mal stehen zu bleiben, unsere Realität zu überprüfen, und diese Idee des Verliebtseins immerzu auf uns selbst und auf unser Leben im Hier und Jetzt zu projizieren. Uns selbst dieses Wunderkind zu sein, das wir uns so sehr herbeiwünschen. Weil sich diese eine uns haltende Hand, nach der wir suchen, immer am unteren Ende des eigenen Arms befindet. Und dann gleiten wir hinüber in die Fülle. In einem Meer von Liebe treibend. Und inmitten dieser liebevollen Selbstfürsorge können wir damit aufhören, nach der Liebe zu suchen. Stellen fest, dass sie immer da war. Nirgends anders als in uns drin. Stattdessen beginnen wir jetzt mit dem Niederreissen aller Schranken, die wir gegen sie aufgebaut haben. Prophetisch, dass wir uns erneut verlieren, aber mit dem tiefen Wissen, dass dies der einzige Weg ist, uns unserer Ursehnsucht nach Bedeutsamkeit, Bedingungslosigkeit und echter Verbundenheit zu nähern. Ob mit einem anderen Menschen, oder nicht.