Wut tut gut, wenn wir lernen, ihr früh genug Luft zu verschaffen. Denn Wut weist uns auf Unrecht hin und gibt uns die nötige Schubkraft, Hürden zu überwinden. Doch was heisst das für den Wutbürger, was für die Hassnachrichten im Netz? Lässt sich auch diese Wut produktiv nutzen und falls ja, wie? Ich empfehle euch dazu sehr gerne diese wunderbare Sternstunde Philosophie mit Barbara Bleisch und der Psychiaterin Heidi Kastner. Die beiden erkunden unsere inneren Vulkanlandschaften auf der Suche nach einer positiven Version von Wut und Zorn. Mich hat das einstündige Gespräch mehr als beeindruckt, und die abschliessenden Worte liessen mich inspiriert, nachdenklich und vor allem total demütig zurück. Für mich ein richtungsweisender Impuls, den ich einfach mit euch teilen muss.
«Und wenn Sie vielleicht zum Schluss noch eine Gegenwartsdiagnose wagen;
haben Sie denn das Gefühl, das nimmt zu, dieses Wütend-Sein in diesem kleinen Sinne, in diesem Wütchen?»
«Was gefühlt zunimmt, ist die Selbstherrlichkeit.
Dieses Gefühl, dass Leute, die sich eigentlich nicht viele Gedanken gemacht haben, trotzdem meinen, dass ihre Meinung ganz wichtig ist.
Dass es ganz selbstverständlich ist, dass man unreflektierte Positionen zum Besten gibt, und das auch noch möglichst laut.
Dass man sich bei vielem auszukennen glaubt, ohne sich informiert zu haben.
Es ist keine Schande, wenn man nicht alles weiss.
Aber es ist eine Schande, wenn man nichts weiss, und trotzdem laut darüber redet.
Und dann noch irgendwie meint, das ist eine ganz berücksichtigswerte Position,
die man da jetzt vertritt, ohne dass man sich darüber informiert, noch darüber nachgedacht hat.
Also diese Bereitschaft, da gleich einmal laut zu schreien, ohne eigentlich zu wissen,
worüber man schreit - die hat für mein Gefühl zugenommen.
Vielleicht auch deshalb, weil dieses Schreien wahrnehmbarer geworden ist durch die sozialen Medien.»
«Also auch ein Plädoyer für Demut?»
«Ich glaube schon, ja. Die würde uns nicht schaden.»